Bescherung in Saarn

Die Heilige Anna ist zurück

 

Hl. Anna mit Maria

 

WAZ-Mülheim, 23.12.2007, Bericht von Helga Lange 

Gerade rechtzeitig zu Weihnachten hat die Mutter Marias den ihr zugedachten Platz in der renovierten Klosterkirche wieder bezogen. Das restaurierte Holzbildnis zeigt die Frau des Joachim bei der Erziehung ihrer Tochter Maria. Auch wenn die Freunde und Förderer des Klosters Saarn die Rückkehr der Kunstfigur als Geschenk empfinden – rund 5000 Euro hat es den Verein gekostet, die wohl im 19. Jahrhundert entstandene Anna im alten Glanz erstrahlen zu lassen. Weitere 15 000 Euro kostete die Restaurierung des „Bischofs” und zweier Engel, die – zu einem früheren Zeitpunkt fertiggestellt – mit dem Vereinsvorsitzenden Jörg Enaux, seinem Vize Hans-Theo Horn und Beiratsmitglied Leo Werry jetzt das Empfangskomitee für die Heilige bildeten. Dass es sich bei den aufwändig restaurierten Figuren um keine Hochkunst, sondern um typische Beispiele bäuerlicher Kunst vom Niederrhein handelt, wie Leo Werry nüchtern feststellt, macht die Exponate – eine Dauerleihgabe der Stadt Mülheim an die Gemeinde Mariä Himmelfahrt – für die Förderer eher besonders wertvoll. Hans-Theo Horn: „Hier geht es nicht um museale Betrachtungsobjekte, sondern um Kultgegenstände, die immer ein Bestandteil des alltäglichen Lebens der Menschen gewesen sind.” Lange diskutiert haben die Verantwortlichen das spätere Aussehen der Figuren. Dass sie sich dann schließlich darauf verständigten, sich möglichst dicht am Original zu halten, hat natürlich mit eigenem Geschmack, doch auch mit großem Respekt vor dem Kunstwerk zu tun. „Mag sein”, bringt es Werry auf den Punkt, „dass nachfolgende Generationen unsere Entscheidung als ganz schrecklich empfinden und sie revidieren, doch wir wollten nicht, dass die Figuren durch nach unserer Meinung unpassende Gestaltung des Äußeren fremd wirken.” So hat Petra Holle, in deren Essener Werkstatt zunächst der „Bischof” (den der Verein schon lange für sich als den Heiligen Engelbert „identifiziert” hat, der im 11. Jahrhundert in Saarn die Stiftung des Klosters veranlasste und den Friedhof weihte) und dann die Anna bearbeitet wurde, dafür Sorge getragen, dass die erziehende Mutter wieder das schlichte grüngelbe Farbkleid erhalten hat, in dem sie über die Jahrhunderte meist dargestellt wurde. Die Schutzpatronin der Mütter und der Ehe, für Kindersegen und eine glückliche Geburt (um nur willkürlich einige wenige der Aufgaben zu nennen, mit denen die Heilige im Laufe der Zeit betraut wurde) ist eine Frau aus dem Volk, wenngleich Darstellungen aus dem Mittelalter sie auch im Habitus der vornehmen älteren Frau präsentieren. So beliebt die Großmutter Jesu in der Rangfolge unter den Heiligen sein mag, so wenig gesichert ist letztlich ihre Existenz. Werry erinnert daran, dass Anna in der Bibel niemals Erwähnung fand. Und tatsächlich gehört das Jakobus-Evangelium, das vom Priester Joachim und seiner schon älteren Frau Anna in Jerusalem berichtet, die nach 20 Jahren kinderloser Ehe dann doch noch mit der Gottesmutter schwanger ging, nicht zu den kirchlich anerkannten Evangelien. Was dem Ansehen der Heiligen zu keinem Zeitpunkt Abbruch tat. Selbst Martin Luther, seinerzeit ein großer Marienverehrer, wird im ökumenischen Heiligenlexikon zitiert mit dem Ausspruch: „Sankt Anna war mein Abgott.” Auf seiner legendären Wanderung bei Stotternheim rief der spätere Reformator die vielseitige Heilige in einem schlimmen Gewitter zum Schutz gegen Blitzschlag an. Was ihm bekanntlich – sollte die Sache funktionieren – das Gelübde ein Mönch werden zu wollen, wert gewesen sein soll. Wunder erwarten die Freunde des Klosters Saarn nicht zwangsläufig von der heimgekehrten Heiligen. Doch dass sie sich als Magnet für viele interessierte Besucher erweisen möge, das wäre schon nicht schlecht. Für den Verein ist die Anna – im Verbund mit den anderen Figuren – auch ein Symbol für die Restaurierungsarbeiten am Kloster, die seit den 70er Jahren andauern. Hans-Theo Horn: „Das alles hat viel mit dem Erhalt der Geschichte zu tun, wofür die Restaurierung ja nur äußeres Zeichen ist. Die Arbeiten am und im Kloster haben das Geschichtsbewusstsein in Saarn maßgeblich befördert. Gleichzeitig sind sie ein Prozess, der niemals zum Abschluss kommen wird. Hier finden noch viele nachfolgende Generationen ein großes Betätigungsfeld.” Was unter den Augen der Heiligen Anna ja nur gelingen kann, schließlich ist sie als Schutzpatronin auch zuständig für so ziemlich alle Gewerke und das Wiederauffinden verlorener Sachen dazu. Eine Eigenschaft, die den Förderern bei der Sache mit der fehlenden Äbtissin vielleicht helfen könnte. Doch das ist dann schon wieder eine ganz andere Geschichte.

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