von den Anfängen bis heute
(H.Dickmann)
Die Nonnenkirchen des Zisterzienser-Ordens werden in drei Grundtypen mit verschiedenen regionalen Untertypen eingeordnet (Quelle: Die Zisterzienser – Geschichte-Geist-Kunst, herausg. von Ambrosius Schneider u.a., Wienand-Verlag Köln, 1974):
1. Basiliken
2. Kreuzkirchen
3. Saalkirchen
Die Saarner Klosterkirche wird dem Typ der Saalkirchen zugeordnet und zeigt eine Verwandtschaft mit der Klosterkirche in Andernach-Namedy. Typisch war das ursprünglich schmale und auch niedrigere Presbyterium (quadratischer Raum mit gewölbtem Chorraum), das den Saalraum nach Osten abschloss. Der kurze rechteckige Saal wurde dabei weitgehend von der Nonnenempore im westlichen Teil überdeckt, um die Sichtverbindung zwischen den Laien in der Unterkirche und den Nonnen auf der Empore zu vermeiden. Dieser Zustand wurde vermutlich um 1750 verändert. Die Neugestaltung der Empore im Zuge der Restaurierung des Klosters (1979 - 89) entspricht nach dem Baubefund wieder der mittelalterlichen Situation. Der kleine Dachreiter über der Saalkirche ist ein charakteristisches Bauelement zisterziensischer Kirchenbauten.
1. Die Gründungsphase
Über die Klostergründung in Saarn bzw. über Baubeginn der ersten Klostergebäude nebst Kirchenraum sowie über Baufortschritte liegen gesicherte Erkenntnisse nicht vor. Als Keimzelle aus vorklösterlicher Zeit gilt ein kleiner Gebäudeteil des heutigen Ostflügels. Die Forschung geht davon aus, dass ein (möglicherweise aufgelassener) Siedlungsplatz mit Wehrcharakater vorhanden war. Da nach den Ordensstatuten bestimmte Mindestanforderungen an die Versorgung, die Unterkunft und Klausur einer Klostergemeinschaft für eine Inkorporation in den Orden erfüllt sein mußten, kann davon ausgegangen werden, dass um 1200 ein Gebetsraum, ein Aufenthaltsraum, ein Schlafsaal im Obergeschoss, ein Speiseraum mit Küche bereits vorhanden bzw. weitere Bauten um den Kreuzgang (Konversen, Wirtschafts- und Vorratsräume) zumindest im Bau befindlich waren.
Diese frühe Bauphase war vermutlich bis 1250 abgeschlossen.
2. Die Erweiterungsphasen
1370 – 1400
Nach den Erkenntnissen der archäologischen Untersuchungen (1979 – 89) wurden Baumaßnahmen im ausgehenden 14. Jahrhundert durchgeführt, die vermutlich aufgrund eines Brandes im Westflügel des Klosters notwendig wurden. Der Westflügel wurde nur unvollständig erneuert. Im Ostflügel wurde das Konventshaus nach Norden erweitert.
Die dokumentierten Grundrisse deuten an, dass auf der Westseite der Bau einer neuen Klausurmauer im Vordergrund stand. Die an der Klausurmauer errichteten Gebäude (darunter vermutlich ein neues Gästehaus) wurden innerhalb von 100 Jahre wieder abgerissen oder überbaut.
ca. 1480 – 1500
Die Klosterreform 1476 - 81 zog weitreichende Baumaßnahmen nach sich. Insbesondere wurden das Konventshaus erneut nach Norden erweitert, Teilbereiche im Westflügel unterkellert, das Gästehaus am ursprünglichen Platz an der südwestlichen Ecke des Quadrums wiederhergestellt und ein größeres Wirtschaftsgebäude entlang der Klausurmauer, zum Teil unter Einbeziehung vorhandener Gebäude, errichtet. Das Wirtschaftsgebäude umfasste nunmehr auch das Konversenhaus mit Laienrefektorium, so dass der ursprüngliche Konversenflügel im westlichen Quadrum in den inneren Klausurbereich einbezogen werden konnte.
Nach der Saarner-Chronik (1825) wurde auch das Dach der Kirche verbessert bzw. erhöht und ein kleiner Teil des Chores angebaut. Dieser Hinweis kann bedeuten, dass der rechteckige Raum der Saalkirche vermutlich eine Flachdecke hatte, die durch eine Gewölbekonstruktion aus Tuffstein in dieser Bauperiode ersetzt wurde.
3. Die letzte Bauperiode in der Klosterzeit
1720 - 41
Unter der Äbtissin Maria Thersia von Reuschenberg (1720 – 41) begann eine letzte Blütezeit des Klosters. Es wurden umfangreiche Neubauten begonnen, die dem Kloster seine heutige äußere Gestalt gaben. Nach Abriss bzw. Umbau der Vorgängerbauten wurde zunächst der Westfügel des Quadrums (sog. Äbtissinnenflügel) in 1729 vollendet.
Die Äbtissin wurde nach der „Grothues-Chronik“ von 1825 als sparsame Frau beschrieben, die eine bedeutende Klosterkasse zustande brachte und zugleich alle Schulden tilgte, so dass zu ihrer Zeit die Finanzierung der Baumaßnahmen gesichert war.
1741 - 73
Unter der Äbtissin Johanna Wilhelmina von Bentinck (1741 - 73) wurden die Bauarbeiten fortgesetzt (Erneuerung des Refektoriums mit Küchenbereich; Neubau des dreiflügeliges Wirtschaftsgebäudes 1755; Barockisierung der Klosterkirche 1759).
Im Zuge dieser Barockisierung wurde vermutlich die mittelalterliche Nonnenempore bereits umgestaltet; sie wurde verkürzt und um ca. 1 m höher auf das Niveau des 1.OG der neuen Klausurgebäude gebracht (vgl. heutige Höhenlage des 1. OG mit Zugangstür zur Empore).
1773 - 96
Die Äbtissin Maria Theresia von Brederode (1773 - 96) setzte die Bauarbeiten fort bis zur jetzigen Vollendung, musste jedoch Schulden machen (vgl. Grothues 1825).
4. Die Bauzeit nach der Säkularisation
Mit der Säkularisation des Klosters ging die Klosterkirche in das Eigentum der Pfarrei über. Spätestens mit Beginn der Fremdnutzung der Klostergebäude als Gewehrfabrik (1815) dürften alle Verbindungen zwischen Kirche und Kreuzgang zugemauert worden sein.
Die Fassade des westlichen Klosterflügels (sog. Äbtissinnenflügel) besaß unterschiedliche Fensterformen und wurde vermutlich erst in nachklösterlicher Zeit durch einheitliche Fenster mit Werksteinrahmen umgestaltet.
5. Der Erweiterungsbau der Kirche 1895 – 98
Am Ende des 19. Jahrhunderts war die Kirche für die Bevölkerung offensichtlich zu klein, so dass die Errichtung eines Erweiterungsbaues erforderlich war.
Der Erweiterungsbau nach Plänen des Straßburger Dombaumeisters Schmitz wurde vom erzbischöflichen Baurat Blanke aus Köln ausgeführt. Nach Abriss des alten Chorjochs nebst Apsis erhielt das mittelalterliche Langhaus nach Osten hin ein weiteres Joch mit Seitenschiffen und einem Querhaus sowie ein Chorjoch mit Apsis. Außerdem wurde ein neuer Glockenturm errichtet. Für diese Erweiterung mußte das Konventshaus mit ursprünglich 9 Fensterachsen um eine Fensterachse verkürzt werden. Wie Fotos belegen, diente die ursprüngliche Friedhofspforte als Kircheneingang an der Südseite. Dieser Eingang wurde 1927 im Zuge einer Kirchenrenovierung zugemauert und durch einen kleinen Eingangsvorbau an der Westwand ersetzt, der durch die Restaurierung (1979-89) überflüssig wurde.